Unsere Kunstsammlung umfasst ca. 10.000 Objekte – Gemälde, Plastik, Grafik und Kunsthandwerk vom 14. bis zum 21. Jahrhundert. Einen Teil der Kunstwerke zeigen wir dauerhaft oder temporär in Ausstellungen, andere Objekte lagern wir in unseren Depots. Die Kustodie verwaltet zudem auch alle Kunstgüter in den Einrichtungen, Fakultäten und Instituten der Universität, ob beweglich oder baugebunden. Auch das Gemälde im Büro des Professors oder ein Denkmal im öffentlichen Raum gehören beispielsweise dazu – wir verwalten den gesamten Kunstbesitz unserer Universität.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Pochoir-Graffiti in Schwarz, Grau und Rot, rechts eine Madonna mit Kind, links sind in die Farbe eingeritzte Strukturen zu sehen, eine Sonne, ein Haus, ein Schiff, ein Totenkopf etc.
Blek le rat, Woman with Child, 1991, Foto: Kustodie/Marion Wenzel

Kunstwerk des Monats April

Blek le Rat (geb. 1951)
Woman with child (aus der galerie éphémère)
Pochoir auf Kunststoffplatte
1991
Kunstsammlung der Universität Leipzig, Inv.-Nr. 3117/90

Wie wäre es mit einer Liebesgeschichte, die uns direkt in die 90er zurückbeamt? Die Leipziger Madonna mit Kind als Schablonengraffiti verspricht genau das.

Sie wurde in 1991 am Gebäude der Karl-Liebknecht Straße 7 in Leipzig vom französischen Künstler Blek le Rat (bürgerliche Name: Xavier Prou) mit einer Schablone aufgebracht. Er war von der Universität nach Leipzig eingeladen worden, um an einer Kunstaktion teilzunehmen. Den grauen DDR-Gebäuden sollte Farbe verliehen werden. Gemeinsam mit deutschen und französischen Künstlern wie Gudrun Petersdorff, Epsylon Point, Miss Tic und anderen schuf er einzigartige Werke der Schablonen-Kunst. Die entstandenen Pochoirs / Stencils sind bis heute ein wertvoller Schatz der Kunstsammlung.

Ein erkennbares Zeichen des Künstlers sind die schwarzen und weißen Ratten, die er seit Anfang der 80er Jahre in Paris sprühte. Laut Blek le Rat symbolisiert die Ratte ein Wesen, das in die urbane Umgebung eindringt und den Menschen Angst bereitet. Sie sind nicht nur Teil seines Künstlernamens, sondern auch ein Buchstabenspiel des Wortes 'Art' (engl. für 'Kunst').

1991 lernte er in Leipzig die deutsche Kunsthistorikerin Sybille Metze kennen. Ihr widmete er, wie der Schriftzug "Pour Sybille" verrät, seine Madonna in Leipzig-Süd, inspiriert von Caravaggios "Madonna dei Pellegrini". Sein Ziel: Meisterwerke aus den Museen auf die Straße zu verlegen, um sie den Menschen näher zu bringen. Die lebensgroße Madonna, in ein langes schwarzes Gewand gekleidet und mit gesenktem Blick, hält ein nacktes Kind an ihrer linken Hüfte fest umarmt – ein ruhiges, zeitloses Bild, das nicht nur das christliche Motiv, sondern auch Xaviers Liebe zu Sybille zum Ausdruck bringt. Laut Blek le Rat spiegelt es die schlichte Schönheit der Mutter-Kind-Beziehung wider. Seit der Entstehung dieses Kunstwerks ist das junge Paar privat und beruflich eng miteinander verbunden und hat gemeinsamen Sohn. Dieser diente dem Künstler als Vorbild für zahlreiche Motive.

Zwanzig Jahre lang war die klassische Madonna mit Kind in Leipzig unter Plakaten und Werbung versteckt. Im Jahr 2012 hat die Leipziger Kulturmanagerin Maxi Kretzschmar sie wiederentdeckt und dazu beigetragen, sie als Leipziger Kulturerbe zu bewahren. Dank der finanziellen Unterstützung von Hauseigentümern und Stadt wurde sie sorgfältig restauriert und ist jetzt hinter Schutzglas für alle sichtbar. Das Glas schützt vor weiteren Schäden und Graffiti, weshalb das Werk nun unter Denkmalschutz steht. Eine Schrifttafel zur Geschichte des Graffitos in Deutsch und Französisch erläutert das Kunstwerk.

In der Galerie im Neuen Augusteum, Leipzig vom 18. April bis 20. Juli 2024 zeigen wir in der Ausstellung STREETWISE – FRÜHE SCHABLONENKUNST AN DER UNIVERSITÄT eine Madonna Blek le Rats, die mit der gleichen Schablone gefertigt wurde. Weitere einzigartige Schablonen-Kunstwerke aus den bunten 1990er Jahren sind zu sehen.

Text: Natasha Tetelboym

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Schablonen-Graffiti, Madonna mit Kind auf einer Häuserwand hnter Glast, ganz unten rechts das Denkmal-Zeichen, rechts daneben der Schriftzug "Pour Sybille ...", darunter eine Erläuterungstafel
Madonna von Blek le rat an einer Hauswand in der Leipziger Südvorstadt, Foto: Natasha Tetelboym

Sammlungsgebiete

Seit der Gründung unserer Universität im Jahr 1409 bilden akademische Gerätschaften den Grundstock der Kunstsammlung. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs sie immer mehr an: durch Auftragsarbeiten für die Ausstattung von Gebäuden, durch die Übereignung von Porträts durch Professoren und Rektoren, durch Schenkungen, Vermächtnisse und Stiftungen. Diese Sammlung ist nicht planvoll angelegt, sondern historisch gewachsen.

Insignien und universitätsgeschichtliche Gegenstände

Wertvolle Insignien bilden den kostbarsten Besitz unserer Universität. Die prunkvollen goldenen Zepter oder das kunstreich gestaltete kleine Universitätsiegel zeigen wir in unserer Dauerausstellung im Rektoratsgebäude. Mit der Rektorkette kam Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Insignie hinzu. Zu diesem Sammlungsbereich gehören auch Fahnen, Pokale und Studentica.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Die goldene und reich bestückte Rektorkette der Universität Leipzig aus dem Jahr 1855.
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Die silbernen und goldenen Elemente der Zepter der Universität Leipzig finden ihren Höhepunkt in der prächtigen Krone am oberen Ende.
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Das mit Arkantusblättern verzierte Siegel der Universität Leipzig ist in Silber gegossen und zeigt auf der Stempelseite das Siegel des Rektors.

Kloster und Universitätskirche St. Pauli

Nach der Reformation erhielt unsere Universität durch die Schenkung des Paulinerklosters und der Kirche einen beachtlichen Bestand an mittelalterlichen Gemälden und Plastiken. Dazu zählen neben den Fresken des Dominikanerklosters und Skulpturen aus dem Klosterbesitz, wie die des Thomas von Aquin, Dietrich von Wettin oder des Apostels Paulus, auch einige frühe Grabplatten und der Paulineraltar. Die Epitaphien der Universitätskirche St. Pauli entstanden zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Die gedunkelte Sandsteinfigur zeigt den Heiligen Paulus mit einem Buch in der linken Hand, die recht Hand fehlt.
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Die zweiseitige Tafel zeigt auf der Vorderseite Maria, die einem Mönch das Gefäß der Erwählung präsentiert.
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Ein gebrannter Ziegelstein zeigt die Jahreszahl 1513 und ist dem alten Paulinerkloster zuzuordnen.

Porträtgalerien

Bildnisse bedeutender Persönlichkeiten der Universitätselite, berühmte Wissenschaftler und Gelehrte sind in Porträtgalerien zusammengefasst. Die Professorengalerie der Universitätsbibliothek umfasst Porträts des 16. bis 18. Jahrhunderts. Einen Großteil davon stellen wir heute im ersten Obergeschoss des Neuen Augusteums aus. Die Ordinariengalerie der Juristenfakultät überliefert nahezu vollständig Bildnisse aller juristischen Ordinarien vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Private Ursprünge hat die Freundschaftsgalerie des Leipziger Verlegers Philip Erasmus Reich mit Porträts bedeutender Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts. Wir zeigen diese fast vollständig in der Kunstsammlung im Rektoratsgebäude.

Im 19. Jahrhundert gab die Universität zur Ausstattung des neuen Hauptgebäudes repräsentative Denkmale und Büsten in Auftrag, um Personen zu ehren, die sich besondere Verdienste für die Universität erworben hatten. Ein „Büstenhain“ wird im Foyer des neuen Augusteums aufgestellt (in Planung).

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Das Porträt zeigt den Juristen Michael Wirth in Richterrobe
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Das Porträt des Mediziners Johannes Hoppe präsentiert ihn in zeitgenössischer Kleidung und langem roten Haar
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Das goldgerahmte Porträt zeigt den Leipziger Verleger Reich mit reich bestickter roter Kleidung und Perücke

Grafik

Die reichen Grafikbestände unserer Sammlung umfassen ganz unterschiedliche Konvolute. Neben der Grafiksammlung des Karl-Sudhoff-Instituts und dem zeichnerischen Nachlass von W. G. Tilesius von Tillenau (vgl. dazu unser Forschungsprojekt) sind die Handzeichnungen von B. und C. Genelli oder die Werke des Leipziger Kupferstechers Johann Friedrich Bause besonders hervorzuheben.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Eine Szenerie mit mehreren Personen konzentriert sich im Mittelpunkt auf einen Mann, der liegend auf einem Fels von einem Putten einen Spiegel vorgehalten bekommt.
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Eine architektonische Inszenierung eines Porträts des Verstorbenen, in welcher ein kleiner Putte vor einem Grabstein unterhalb des Porträts sitzt
zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Die Grafik zeigt einen Menschen im Profil und beschreibt die verschiedenen Ebenen seines intellektuellen Denkens

Kunst der DDR

Zu Zeiten der DDR förderte die „Karl-Marx-Universität“ insbesondere Ausstellungen zeitgenössischer Künstler: Neubauten sollten mit sozialistischer Kunst geschmückt werden. So entstanden Kunstwerke unter ideologischen Vorzeichen, wie das Fassaderelief „Aufbruch“ oder das Wandbild „Arbeiterklasse und Intelligenz“ von Werner Tübke. Die Kunstsammlung der ehemaligen Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport (DHfK) ging in unseren Bestand über. Darunter finden sich herausragende Kunstwerke wie der „Weitspringer“ von Willi Sitte aus dem Jahr 1976 oder das "Bildnis der Eiskunstläuferin Katharina Witt" von Heinz Wagner (1986). Auch bedeutende Werke der Leipziger Schule – von Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Bernhard Heisig oder Heinz Zander – gehören zu unserem Bestand. Die Universität erhielt außerdem Künstlernachlässe, zum Beispiel von H. E. Strüning und Rudolf Oelzner.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Prächtige Farben bilden eine Stadtansicht Moskaus ab
Kurt Dornis, Moskau, 1976, Foto: Kustodie/Marion Wenzel

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