Kunstwerk des Monats Januar
Lapidarium mit Fragmenten der Fürstenhauserker
Standort: Foyer der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig
Seminargebäude Erdgeschoss, Grimmaische Straße 12
Die in diesem Lapidarium ausgestellten Steinfragmente sind Überreste der beiden Runderker des Leipziger „Fürstenhauses“, das sich bis zum Zweiten Weltkrieg hier am Standort der heutigen Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät befand. Es war eines der bedeutendsten Renaissancegebäude in Leipzig, fiel jedoch 1943 dem Bombenkrieg zum Opfer. Erhalten sind wenige Originalfragmente, von denen einige in Form eines Lapidariums ausgestellt sind. Sie sollen an das historische Gebäude erinnern, aber zugleich auch an die Folgen eines von den Nationalsozialisten begonnenen Weltkriegs gemahnen.
Das „Fürstenhaus“ errichtete der Baumeister Paul Widemann im Auftrag des Juristen und Stadtrats Dr. Georg Roth im Jahr 1558. Der dreigeschossige Bau besaß elf Fensterachsen und ein langgezogenes Satteldach mit Zwerchhäusern. Den Hauptschmuck bildeten die beiden zweigeschossigen Runderker an den Ecken der zur Grimmaischen Straße ausgerichteten Hauptfassade: Ihre Ornamente verbanden in innovativer Weise antike Stilformen (z. B. Gebälksystem, Triglyphen, Eierstab-Ornament, Antiqualettern) mit Renaissanceornamentik, wie Roll- und Beschlagwerk. Sie waren reich mit Wappen, Bildnissen und Bibelzitaten geschmückt. Das Haus ist Zeugnis des aufkommenden Humanismus und Ausdruck eines erstarkenden Bürgertums im 16. Jahrhundert. Seinen Namen erhielt das „Fürstenhaus“, nachdem es 1612 vier Altenburger Prinzen als Unterkunft gedient hatte.
Nach dem Dreißigjährigen Krieg, im Jahr 1648, erwarb die Universität das Gebäude. Zu diesem Zeitpunkt war das Haupthaus bereits südlich um zwei Flügel erweitert worden. Die Erdgeschossräume vermiete man als Läden, die Obergeschosse als Wohnungen. In den Repräsentationsräumen beherbergte die Universität hochgestellte Gäste, u. a. Peter den Großen. Der östlich angrenzende Garten diente der Universität fortan als Botanischer Garten. Nach umfassenden Umbauarbeiten in der Gründerzeit entstand ein modernes Kaufhaus. Nach der Kriegszerstörung wurden ab 1956 Wiederaufbaupläne entwickelt, die 1976 in ein verkleinertes Projekt mündeten: Die Bildhauerfirma Werner Hempel (Dresden) wurde mit der Rekonstruktion eines Erkers auf der diagonal gegenüberliegenden Straßenecke, Grimmaische Straße/Nikolaistraße, betraut (vollendet 1986), wobei man auch Spuren der ursprünglichen Farbfassung dokumentierte.
Zum Fürstenhauserker zeigt die Kustodie noch bis 31. Januar 2025 eine Ausstellung in der Galerie im Neuen Augustem mit dem Titel “Gebaute Renaissance - Das Leipziger Fürstenhaus und seine Erker” .
Unsere Kunstsammlung umfasst ca. 10.000 Objekte – Gemälde, Plastik, Grafik und Kunsthandwerk vom 14. bis zum 21. Jahrhundert. Einen Teil der Kunstwerke zeigen wir dauerhaft oder temporär in Ausstellungen, andere Objekte lagern wir in unseren Depots. Die Kustodie verwaltet zudem auch alle Kunstgüter in den Einrichtungen, Fakultäten und Instituten der Universität, ob beweglich oder baugebunden. Auch das Gemälde im Büro des Professors oder ein Denkmal im öffentlichen Raum gehören beispielsweise dazu – wir verwalten den gesamten Kunstbesitz unserer Universität.
Sammlungsgebiete
Seit der Gründung unserer Universität im Jahr 1409 bilden akademische Gerätschaften den Grundstock der Kunstsammlung. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs sie immer mehr an: durch Auftragsarbeiten für die Ausstattung von Gebäuden, durch die Übereignung von Porträts durch Professoren und Rektoren, durch Schenkungen, Vermächtnisse und Stiftungen. Diese Sammlung ist nicht planvoll angelegt, sondern historisch gewachsen.
Insignien und universitätsgeschichtliche Gegenstände
Wertvolle Insignien bilden den kostbarsten Besitz unserer Universität. Die prunkvollen goldenen Zepter oder das kunstreich gestaltete kleine Universitätsiegel zeigen wir in unserer Dauerausstellung im Rektoratsgebäude. Mit der Rektorkette kam Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Insignie hinzu. Zu diesem Sammlungsbereich gehören auch Fahnen, Pokale und Studentica.
Kloster und Universitätskirche St. Pauli
Nach der Reformation erhielt unsere Universität durch die Schenkung des Paulinerklosters und der Kirche einen beachtlichen Bestand an mittelalterlichen Gemälden und Plastiken. Dazu zählen neben den Fresken des Dominikanerklosters und Skulpturen aus dem Klosterbesitz, wie die des Thomas von Aquin, Dietrich von Wettin oder des Apostels Paulus, auch einige frühe Grabplatten und der Paulineraltar. Die Epitaphien der Universitätskirche St. Pauli entstanden zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert.
Porträtgalerien
Bildnisse bedeutender Persönlichkeiten der Universitätselite, berühmte Wissenschaftler und Gelehrte sind in Porträtgalerien zusammengefasst. Die Professorengalerie der Universitätsbibliothek umfasst Porträts des 16. bis 18. Jahrhunderts. Einen Großteil davon stellen wir heute im ersten Obergeschoss des Neuen Augusteums aus. Die Ordinariengalerie der Juristenfakultät überliefert nahezu vollständig Bildnisse aller juristischen Ordinarien vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Private Ursprünge hat die Freundschaftsgalerie des Leipziger Verlegers Philip Erasmus Reich mit Porträts bedeutender Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts. Wir zeigen diese fast vollständig in der Kunstsammlung im Rektoratsgebäude.
Im 19. Jahrhundert gab die Universität zur Ausstattung des neuen Hauptgebäudes repräsentative Denkmale und Büsten in Auftrag, um Personen zu ehren, die sich besondere Verdienste für die Universität erworben hatten. Ein „Büstenhain“ wird im Foyer des neuen Augusteums aufgestellt (in Planung).
Grafik
Die reichen Grafikbestände unserer Sammlung umfassen ganz unterschiedliche Konvolute. Neben der Grafiksammlung des Karl-Sudhoff-Instituts und dem zeichnerischen Nachlass von W. G. Tilesius von Tillenau (vgl. dazu unser Forschungsprojekt) sind die Handzeichnungen von B. und C. Genelli oder die Werke des Leipziger Kupferstechers Johann Friedrich Bause besonders hervorzuheben.
Kunst der DDR
Zu Zeiten der DDR förderte die „Karl-Marx-Universität“ insbesondere Ausstellungen zeitgenössischer Künstler: Neubauten sollten mit sozialistischer Kunst geschmückt werden. So entstanden Kunstwerke unter ideologischen Vorzeichen, wie das Fassaderelief „Aufbruch“ oder das Wandbild „Arbeiterklasse und Intelligenz“ von Werner Tübke. Die Kunstsammlung der ehemaligen Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport (DHfK) ging in unseren Bestand über. Darunter finden sich herausragende Kunstwerke wie der „Weitspringer“ von Willi Sitte aus dem Jahr 1976 oder das "Bildnis der Eiskunstläuferin Katharina Witt" von Heinz Wagner (1986). Auch bedeutende Werke der Leipziger Schule – von Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Bernhard Heisig oder Heinz Zander – gehören zu unserem Bestand. Die Universität erhielt außerdem Künstlernachlässe, zum Beispiel von H. E. Strüning und Rudolf Oelzner.