Kunstwerk des Monats April
Hans-Peter Dürhager
ohne Titel (Kind mit Laubblättern, Schrei)
2024, Schablone von 1991
Pochoir, Spraydose auf beschichteter Hartfaserplatte
Kunstbesitz Universität Leipzig, Inv. Nr. 5859/90
Das Werk des zeitgenössischen Künstlers Hans-Peter Dürhager entstand während einer Graffiti-Aktion zur Finissage der Ausstellung “Streetwise” im Juli 2024. Die Schablone hatte er bereits 1991 im Rahmen der Kunst-Aktion “galérie éphémère” angefertigt. Damals hatten 20 junge Künstler und Künstlerinnen aus Frankreich und Deutschland den Innenhof der Universität in ein großes Freilichtatelier verwandelt und rund 150 Pochoir-Arbeiten geschaffen. Ausstellung und Finissage “STREETWISE” sollten 33 Jahre später an die legendäre Aktion erinnern und anknüpfen. Und auch einige Schablonen kamen erneut zum Einsatz, wie bei dem hier gezeigten Pochoir von Hans-Peter Dürhager.
Das Schablonengraffiti stellt ein weinendes Kind dar, das von grünen Pflanzenranken umgeben ist. Laut Dürhager basiert es auf einem Pressefoto aus dem „Kölner Express“, ein Foto aus dem Krieg der türkischen Armee gegen die kurdische Bevölkerung. Es ist ein Kunstwerk, konzipiert aus dem Drang heraus, etwas ändern zu wollen und auf das Leid in der Welt aufmerksam zu machen. Das Pochoir-Graffiti – oft an Häuserwänden im Stadtraum angebracht – ist ein Medium, das in der Öffentlichkeit zum Innehalten und Nachdenken anregen soll. Die Verzweiflung des Kindes, das ganz in Schwarz und Weiß gehalten ist, kontrastiert mit den grünen Pflanzenblättern. Sie können für Hoffnung und einen Neuanfang stehen. Die Hoffnung, dass das Elend, das durch kriegerische Konflikte innerhalb eines Landes ausgelöst wird, oder von Ländern gegeneinander, irgendwann mal ein Ende haben wird.
Der Künstler selbst sagt über sein Werk: „Ein weinendes Kind steht im Schlamm. Es ist Opfer eines Krieges. […] Wir sehen täglich, andauernd, massenhaft Bilder, die Katastrophen und unsägliches menschliches Leid abbilden. Wir werden täglich davon überschwemmt und schauen irgendwann weg. Kinder werden in der Darstellung von Leid instrumentalisiert. Wir stumpfen ab. Man hält es ja auch kaum aus. Mich hat damals die Wut gepackt und ich wollte unbedingt etwas tun. Hilft das dem abgebildeten Kind? Kaum. Aber es anzusehen und darüber zu sprechen? Vielleicht.“
Text: Elisa Peyker
Unsere Kunstsammlung umfasst ca. 10.000 Objekte – Gemälde, Plastik, Grafik und Kunsthandwerk vom 14. bis zum 21. Jahrhundert. Einen Teil der Kunstwerke zeigen wir dauerhaft oder temporär in Ausstellungen, andere Objekte lagern wir in unseren Depots. Die Kustodie verwaltet zudem auch alle Kunstgüter in den Einrichtungen, Fakultäten und Instituten der Universität, ob beweglich oder baugebunden. Auch das Gemälde im Büro des Professors oder ein Denkmal im öffentlichen Raum gehören beispielsweise dazu – wir verwalten den gesamten Kunstbesitz unserer Universität.
Sammlungsgebiete
Seit der Gründung unserer Universität im Jahr 1409 bilden akademische Gerätschaften den Grundstock der Kunstsammlung. Im Laufe der Jahrhunderte wuchs sie immer mehr an: durch Auftragsarbeiten für die Ausstattung von Gebäuden, durch die Übereignung von Porträts durch Professoren und Rektoren, durch Schenkungen, Vermächtnisse und Stiftungen. Diese Sammlung ist nicht planvoll angelegt, sondern historisch gewachsen.
Insignien und universitätsgeschichtliche Gegenstände
Wertvolle Insignien bilden den kostbarsten Besitz unserer Universität. Die prunkvollen goldenen Zepter oder das kunstreich gestaltete kleine Universitätsiegel zeigen wir in unserer Dauerausstellung im Rektoratsgebäude. Mit der Rektorkette kam Mitte des 19. Jahrhunderts eine neue Insignie hinzu. Zu diesem Sammlungsbereich gehören auch Fahnen, Pokale und Studentica.
Kloster und Universitätskirche St. Pauli
Nach der Reformation erhielt unsere Universität durch die Schenkung des Paulinerklosters und der Kirche einen beachtlichen Bestand an mittelalterlichen Gemälden und Plastiken. Dazu zählen neben den Fresken des Dominikanerklosters und Skulpturen aus dem Klosterbesitz, wie die des Thomas von Aquin, Dietrich von Wettin oder des Apostels Paulus, auch einige frühe Grabplatten und der Paulineraltar. Die Epitaphien der Universitätskirche St. Pauli entstanden zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert.
Porträtgalerien
Bildnisse bedeutender Persönlichkeiten der Universitätselite, berühmte Wissenschaftler und Gelehrte sind in Porträtgalerien zusammengefasst. Die Professorengalerie der Universitätsbibliothek umfasst Porträts des 16. bis 18. Jahrhunderts. Einen Großteil davon stellen wir heute im ersten Obergeschoss des Neuen Augusteums aus. Die Ordinariengalerie der Juristenfakultät überliefert nahezu vollständig Bildnisse aller juristischen Ordinarien vom 16. bis zum 19. Jahrhundert. Private Ursprünge hat die Freundschaftsgalerie des Leipziger Verlegers Philip Erasmus Reich mit Porträts bedeutender Persönlichkeiten des 18. Jahrhunderts. Wir zeigen diese fast vollständig in der Kunstsammlung im Rektoratsgebäude.
Im 19. Jahrhundert gab die Universität zur Ausstattung des neuen Hauptgebäudes repräsentative Denkmale und Büsten in Auftrag, um Personen zu ehren, die sich besondere Verdienste für die Universität erworben hatten. Ein „Büstenhain“ wird im Foyer des neuen Augusteums aufgestellt (in Planung).
Grafik
Die reichen Grafikbestände unserer Sammlung umfassen ganz unterschiedliche Konvolute. Neben der Grafiksammlung des Karl-Sudhoff-Instituts und dem zeichnerischen Nachlass von W. G. Tilesius von Tillenau (vgl. dazu unser Forschungsprojekt) sind die Handzeichnungen von B. und C. Genelli oder die Werke des Leipziger Kupferstechers Johann Friedrich Bause besonders hervorzuheben.
Kunst der DDR
Zu Zeiten der DDR förderte die „Karl-Marx-Universität“ insbesondere Ausstellungen zeitgenössischer Künstler: Neubauten sollten mit sozialistischer Kunst geschmückt werden. So entstanden Kunstwerke unter ideologischen Vorzeichen, wie das Fassaderelief „Aufbruch“ oder das Wandbild „Arbeiterklasse und Intelligenz“ von Werner Tübke. Die Kunstsammlung der ehemaligen Deutschen Hochschule für Körperkultur und Sport (DHfK) ging in unseren Bestand über. Darunter finden sich herausragende Kunstwerke wie der „Weitspringer“ von Willi Sitte aus dem Jahr 1976 oder das "Bildnis der Eiskunstläuferin Katharina Witt" von Heinz Wagner (1986). Auch bedeutende Werke der Leipziger Schule – von Wolfgang Mattheuer, Werner Tübke, Bernhard Heisig oder Heinz Zander – gehören zu unserem Bestand. Die Universität erhielt außerdem Künstlernachlässe, zum Beispiel von H. E. Strüning und Rudolf Oelzner.