Als zentrale Einrichtung pflegt die Kustodie den Kunstbesitz der Universität und nimmt dabei die vier klassischen Museumsaufgaben – Sammeln, Bewahren, Erforschen, Vermitteln – wahr. Die Kunstsammlung ist ein „vergegenständlichtes Gedächtnis" der Hochschule, das deren Geschichte anschaulich und erlebbar macht.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Tortendiagramm mit einzelnen Segmenten, die vier Hauptaufgaben, Sammeln, Bewahren, Erforschung, Vermitteln, sind jeweils noch in eine Vielzahl von Unteraufgaben aufgeteilt
Aufgabenbereich der Kustodie, Grafik: SUK/Thomas Häse

Zu den grundlegenden Aufgaben der Kustodie gehört die Inventarisierung der Bestände, ihre sachgerechte Verwahrung und konservatorische Betreuung. Weitere Aufgabengebiete sind die Erforschung der einzelnen Objekte, die Erschließung der Sammlung durch Publikationen und eine Internet-Datenbank sowie die Vermittlung der Werke durch Sonderausstellungen, ihre Aufstellung im öffentlichen Raum sowie durch den Einsatz im Rahmen der universitären Lehre, v. a. im Fach Kunstgeschichte. Externen Forschern dient die Kustodie als Forschungsinfrastruktur. Außerdem berät die Kustodie die Universität in Präsentations- und Konservierungsfragen im Bereich Denkmalpflege, etwa in Bezug auf Kunst am Bau. Nachdem die Betreuung der Kunstbestände lange bei einzelnen Einrichtungen gelegen hatte und nachdem wesentliche Bestände durch den Abriss zentraler Bauten 1968 verloren zu gehen drohten, wurde mit der Kustodie 1971 eine zentrale, dem Rektorat unterstellte Einrichtung mit entsprechend weitreichenden Befugnissen geschaffen.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Ansicht eines Ausstellungsraumes mit Werken der Dauerausstellung im Rektoratsgebäude der Universität.
Kunstsammlung im Rektoratsgebäude, Foto: Kustodie/Marion Wenzel

Das Sammlungsprofil der Kunstsammlung der Universität Leipzig war und ist primär auf die nunmehr 600jährige Geschichte der Hochschule ausgerichtet. Die Sammlung beherbergt Gemälde, Skulpturen, Grafiken, Baufragmente, kunsthandwerkliche Gegenstände sowie historische Fotografien, der zeitliche Rahmen reicht von 1230 bis in die Gegenwart. Seit ihrer Gründung 1409 war die Universität immer auch Kulturträger, für deren repräsentative Bedürfnisse Kunstwerke beauftragt oder geschenkt wurden. Eine Gruppe mittelalterlicher Kunstwerke hingegen stammt aus dem Dominikanerkloster, das der Universität in der Reformationszeit übereignet wurde. Wichtige Konvolute sind die Epitaphien aus der Universitätskirche, die Professorengalerie der Universitätsbibliothek des 17./18. Jahrhunderts, die Freundschaftsgalerie des Verlegers Philipp Erasmus Reich, der wissenschaftliche Nachlass des Naturforschers Tilesius von Tilenau wie Architekturzeichnungen der Architektenfamilie Genelli. In seiner Gesamtheit zeichnet der Bestand ein facettenreiches Bild der Universitätsgeschichte und lädt ein, ihre Entwicklung über die Jahrhunderte zu reflektieren. Dabei umfasst er auch größere Konvolute von DDR-Kunst, die noch tiefer zu bearbeiten sind. Auch die Dokumentation von Verlusten gehört zu den Aufgaben der Sammlung.

Trotz eines nicht vorhandenen Ankaufsetats konnte die Sammlung auch in der jüngeren Vergangenheit in bescheidenem, aber interessantem Umfang teils durch Schenkungen, teils durch – spendenfinanzierte – Ankäufe erweitert werden.

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Eine Restauratorin reinigt das Epitaph der Anna Regina Welsch mit einem Pinsel.
Wartungsarbeiten an den Epitaphien im Paulinum, 2020, Foto: Simone Tübbecke

Das Bewahren gilt zu Recht als eine zentrale Museumsaufgabe: Kunstwerke sind vor dem Verfall zu schützen und für kommende Generationen zu bewahren. Grundlage ist die sachgerechte Einlagerung im Kunstdepot und die schonende Präsentation in Ausstellungsräumen, wobei es konservatorische Rahmenbedingungen in Bezug auf Luftfeuchtigkeit, Temperatur und Beleuchtungsstärke einzuhalten gilt. Neben die Gewährleistung einer fachgerechten Aufbewahrung tritt das Konservieren und Restaurieren der Objekte, ohne die das einzelne Werk oft weder in Ausstellungen gezeigt, noch für Forschungs- und Vermittlungszwecke zugänglich gemacht werden kann. Eine besondere Herausforderung bildete und bildet in diesem Zusammenhang die Präsentation der restaurierten Epitaphien im Paulinum – Aula und Universitätskirche St. Pauli. Angesichts der starken Vorschädigung der Werke ist die Einhaltung eines konstanten Raumklimas hier besonders wichtig. Allerdings sorgen Öffnungen der für den Schutz der Objekte installierten „Glaswand“, welche den – klimatisierten – Altarraum von der – nicht klimatisierten – Aula trennt, hier immer wieder für Belastungen.

 

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Einblick in die Papierschriften im Rahmen der Durchsicht zum Nachlass des Naturforschers Tilesius von Tilenau.
Forschungsprojekt "Nachlass des Naturforschers Tilesius von Tilenau", Foto: Kustodie/Marion Wenzel

Der wissenschaftliche Wert einer Sammlung beruht ganz wesentlich auf dem Grad ihrer Erforschung. Erst die wissenschaftliche Aufarbeitung der Quellen, der Provenienz, des Entstehungsprozesses, der Zuschreibungs- und Datierungsfragen, der Ikonographie und anderer kunsthistorischer Zusammenhänge begründen den Stellenwert des betreffenden Kunstwerks für die weitere Forschung. Bei der Erforschung des Einzelwerkes hat sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Kunsthistorikern, Restauratoren, Kunsttechnologen sowie anderen geisteswissenschaftlichen Fächern als ertragreich erwiesen. Besonders interessant sind ferner naturwissenschaftliche Untersuchungen, z. B. mit Röntgenstrahlen, Infrarot-Reflektografie, Holzartbestimmungen oder auch der Dendrochronologie: Im Falle der Holzskulptur des Thomas von Aquin konnte damit die traditionelle Datierung um 1400 bestätigt werden. Die Kombination von kunsthistorischen und naturwissenschaftlichen Herangehensweisen begründete neue Forschungsergebnisse zur Entstehung der sogenannten „böhmischen Tafel“, an der wohl zwei verschiedene Maler gearbeitet haben. Einen Beitrag zur Grundlagenforschung der letzten Jahre bildeten ferner Transkription und Übersetzung der Epitaphinschriften durch Rainer Kößling und Doreen Zerbe. Zahlreiche Forschungsergebnisse zu den Epitaphien im Zuge der Restaurierungskampagne von 2002 bis 2017 sind erst noch zu verschriften. Interessante Ergebnisse zur Genese der sogenannten Paulinerfresken wurden im Zuge der Restaurierung durch Albrecht Körber erarbeitet und publiziert. 2020 wurde zudem ein Kunstführer über das Paulinum vorgelegt. Nachdem in den letzten Jahren vor allem konservatorische und restauratorische Aufgaben den Hauptarbeitsschwerpunkt der Kustodie bildeten, soll in den kommenden Jahren die Forschung wieder vermehrt zu ihrem Recht kommen.

Zugleich wird die Kunstsammlung der Universität Leipzig auch mit Erfolg in der kunsthistorischen Lehre eingesetzt. Die neuen Erkenntnisse gilt es in Form von Publikationen, Ausstellungen und Internetbeiträgen öffentlich zu machen.

Forschungsprojekte der Kustodie

zur Vergrößerungsansicht des Bildes: Bei der museumspädagogischen Arbeit im Paulinum stellen die Schüler selbständig die Epitaphien aus einzelnen Vorlagen zusammen.
Museumspädagogisches Angebot im Paulinum, Foto: Christine Hübner

Zu den grundlegenden Aufgaben der Kustodie gehört ferner die Vermittlung in all ihren Facetten. Wo immer möglich werden Kunstwerke öffentlich zugänglich gemacht. Zum einen wird das Einzelkunstwerk durch eine Objektbeschriftung erläutert. Zum anderen werden Kunstwerke nach Kräften in übergeordnete Zusammenhänge eingefügt. Die Dauerausstellung Kunstsammlung im Rektoratsgebäude, Wechselausstellungen in der Galerie im Neuen Augusteum sowie die Präsentation Kunst auf dem Campus am Augustusplatz eröffnen Besuchern vielfältige Möglichkeiten, den Kunstbesitz der Universität vor Ort zu erkunden. Auch in der Universitätsbibliothek und dem Campus Jahnallee sind zahlreiche Kunstwerke aufgestellt. Eine Objektdatenbank im Internet eröffnet einen digitalen Zugang mit weitreichenden Recherchemöglichkeiten. Zu einzelnen Ausstellungs- und Restaurierungsprojekten werden größere und kleinere Publikationen erstellt, um die Werke in den wissenschaftlichen Diskurs einzubringen. Zugleich werden öffentliche Vorträge, Führungen andere Veranstaltungen angeboten. Museumspädagogische Angebote erläutern interessierten Besuchern Hintergründe und Zusammenhänge der Kunstobjekte.

Außerdem hat die Sammlung ein großes Potenzial als kunsthistorische Lehrsammlung. Daher wirken Mitarbeiter der Kustodie intensiv in der Lehre des Instituts für Kunstgeschichte mit. Ziel ist es, die Studierenden in Form von Seminaren und praktischen Übungen an das originale Kunstwerk heranzuführen und praxisorientierte Einblicke in das Berufsfeld Museum zu vermitteln.

Neben Dauer- und Sonderausstellungen an unseren verschiedenen Standorten und zu verschiedensten Themen, bieten wir zusätzlich vermehrt digitale Vermittlungsformate an.

Auf dem Youtube-Channel der Universität Leipzig, auf unserem eigenen Youtube-Channel der Kustodie, unserem Instagram-Account und unserer Facebook-Seite präsentieren wir einzelne Sammlungsobjekte, berichten über Neuigkeiten und geben mit Formaten wie der Reihe "Mein Lieblingsepitaph" besondere Einblicke in die Kunstsammlung der Universität Leipzig.

Das könnte Sie auch interessieren